Wechselwirkungen

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CBD und Opiate/Benzodiazepine

Wechselwirkungen

Cannabis wird in Deutschland meist als Drittlinien- bzw. Add-on-Therapie eingesetzt.

Dementsprechend sind ein Großteil der Cannabispatienten polymedikalisiert und weisen ein erhöhtes Risiko für Arzneimittelwechselwirkungen auf. Eine unüberlegte Verschreibung verschiedener Arzneimittelgruppen ohne Abwägung möglicher Wechselwirkungen kann folglich das Risiko an Nebenwirkungen erhöhen und den Therapieerfolg und Gesundheitszustand des Patienten beeinträchtigen.

Cannabinoide werden über verschiedene Subtypen des Cytochrom P450 abgebaut und können gleichzeitig dessen enzymatische Aktivität beeinflussen. Der Cytochtom-P450-Komplex ist für den Abbau einer Vielzahl verschiedener Medikamente verantwortlich; Veränderungen seiner Enzymaktivität wirken sich auf die Serumspiegel der verabreichten Substanzen aus; Wirkung und Nebenwirkungen werden beeinflusst.

CBD kann als Inhibitior Abbau hemmen

Aus diesem Grund besteht ein potenzielles Risiko für Arzneimittelwechselwirkungen zwischen Cannabinoiden und allen Begleitmedikamenten, die über die entsprechenden CYP450-Subtypen verstoffwechselt werden bzw. dessen enzymatische Aktivität beeinflussen (CYP-Induktoren/CYP-Inhibitoren). Aktuell gibt es jedoch nur wenige In-vivo-Hinweise auf cannabinoidbedingte Wechselwirkungen.

In-vitro-Daten zeigen, dass die hepatischen Isoenzyme 2C9 und 3A4 eine signifikante Rolle im Primärstoffwechsel von THC spielen. Die Subtypen 2C19 und 3A4 scheinen für den von CBD verantwortlich zu sein. CBD ist für beide Subtypen jedoch nicht nur Substrat, sondern auch Inhibitor und kann somit den Abbau anderer Medikamente beeinflussen.

Petri, H. (2018). Arzneimitteltherapiesicherheit: Das Interaktionspotenzial der Cannabinoide. Deutsches Aerzteblatt Online, 1–20. https://doi.org/10.3238/personko.2018.11.23.05

Da bis heute leider nur wenige pharmakokinetische In-vivo-Studien mit cannabis-basierten Arzneimitteln veröffentlicht wurden, ist es umso wichtiger, Substrate, Inhibitoren und Induktoren der von CBD und THC beeinflussten Isoenzyme des Cytochrom P450 zu kennen.

Brown JD, Winterstein AG. Potential Adverse Drug Events and Drug-Drug Interactions with Medical and Consumer Cannabidiol (CBD) Use. J Clin Med. 2019 Jul 8;8(7):989. doi: 10.3390/jcm8070989. PMID: 31288397; PMCID: PMC6678684.

Petri, H. (2018). Arzneimitteltherapiesicherheit: Das Interaktionspotenzial der Cannabinoide. Deutsches Aerzteblatt Online, 1–20. https://doi.org/10.3238/personko.2018.11.23.05

Pharmakokinetische Wechselwirkungen

In-vivo-Studien mit dem Fertigarzneimittel Sativex (2,7 mg THC + 2,5 mg CBD/Sprühstoß) haben gezeigt, dass die gemeinsame Verabreichung mit Ketoconazol, einem potenten CYP3A4-Inhibitor, zu erhöhten Serumspiegeln von CBD und THC führt.

Verabreicht man Sativex zusammen mit Rifampicin, einem potenten CYP3A4- und CYP2C19-Induktor, konnten deutlich reduzierte Serumspiegel festgestellt werden. Durch die Verabreichung zusammen mit Omeprazol (einem CYPC19-Inhibitor) wurden keine Veränderungen festgestellt.

Die gleichzeitige Verabreichung von bestimmten Cannabinoiden und CYP-Inhibitoren kann die Stoffwechselaktivität des Enzymkomplexes hemmen und somit den Leberabbau der Cannabinoide verlangsamen. Es kommt zu erhöhten Serum-Cannabinoidspiegeln und somit zu einem verstärkten Risiko an Nebenwirkungen. Die verabreichte Cannabinoidmenge sollte reduziert werden.

CBD selbst kann bei hohen Behandlungsmengen eine hemmende Wirkung auf CYP2C19 und CYP3A4 haben und somit den Serumspiegel der verschiedenen CYP450-Substrate beeinflussen.

CYP-Induktoren erhöhen die Stoffwechselaktivität des Enzymkomplexes und beschleunigen somit den Abbauprozess der Cannabinoide in der Leber. Die Cannabinoidmenge muss gegebenenfalls erhöht werden.

Pharmakodynamische Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Einnahme von bestimmten Cannabinoiden zusammen mit Alkohol oder Medikamenten mit anticholinerger (z. B. Antihistaminika usw.), sedierender (Benzodiazepine, Opiate, etc.) oder psychotroper Wirkung ist besondere Vorsicht geboten, da es zu pharmakodynamischen Wechselwirkungen kommen kann. Besonders bei älteren Patienten ist das Sturzrisiko erhöht. (Verträglichkeit: Abend > Mittag > Morgen).

Published 2020 Dec 1. doi:10.2147/IJGM.S275049

Laut einem Bericht von Russo et al. konnten selbst beim Einsatz komplexer Arzneimittelschemata u. a. mit Opioiden, trizyklischen Antidepressiva und Antikonvulsiva keine schweren Arzneimittelwechselwirkungen beobachtet werden, die die Verwendung von cannabinoidhaltigen Arzneimitteln grundsätzlich kontraindizieren.

Zum aktuellen Zeitpunkt liegt nur eine begrenzte Anzahl an Daten zu signifikanten,
durch Cannabinoide verursachten Arzneimittelwechselwirkungen vor.
Weitere großangelegte Studien und evidenzbasierte klinische Leitlinien, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen Cannabinoiden und den unterschiedlichen Arzneimittelgruppen auseinandersetzen, werden jedoch dringend benötigt.

Aus diesem Grund sollte besonders bei Polymedikation, älteren Menschen und Patienten mit chronischen Krankheiten oder Nieren- und Lebererkrankungen auf eine engmaschige Kontrolle der Neben- und Zwischenwirkungen geachtet werden.

CBD und Opiate/Benzodiazepine

Studien mit chronischen Schmerzpatienten lassen vermuten, dass Cannabinoide die analgetische Wirkung von Opioiden verstärken können. Auf diese Weise kann die Opiatmenge reduziert, entsprechende Nebenwirkungen gelindert und die Lebensqualität des Patienten verbessert werden.

Durch die synergistische Wirkung können bei zu hoher Dosierung bzw. ausbleibender gegenseitiger Dosisanpassung die Nebenwirkungen verstärkt werden. Patienten, bei denen beide Substanzgruppen parallel verabreicht werden, sollten aus diesem Grund besonders zu Beginn der Therapie engmaschig kontrolliert werden.
Erste Studien lassen eine ähnliche synergistische Wirkung mit Benzodiazepinen vermuten.

Cannabinoide wirken nicht spezifisch und können bei verschiedensten Krankheitsbildern eingesetzt werden. Aus diesem Grund können z.B. Sedierung, Appetitsteigerung, Euphorie oder Muskelrelaxation je nach Zustand und Grunderkrankung des Patienten als Wirkung oder Nebenwirkungen angesehen werden.

Beim Auftreten von Nebenwirkungen sollte umgehend der begleitende Arzt benachrichtigt werden. Insbesondere bei unerwünschten psychischen Wirkungen wie Angst, Panik oder Paranoia sollte die Medikation bis zur nächsten ärztlichen Beratung abgesetzt werden.

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