Einnahmeformen

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Folgende Parameter sind bei der Verordnung eines Cannabis-Arzneimittels zu berücksichtigen:

Pharmakokinetik beschreibt die Effekte, denen ein Arzneimittel im Organismus unterliegt. Sie bezieht sich auf die Vorgänge, die in den Verteilungsräumen wie Blut und Gewebe stattfinden. Dabei wird die Konzentrationsänderung des Arzneimittels im Organismus anhängig von der Zeit beobachtet.

Je nach Verabreichungsweg fällt die Pharmakokinetik unterschiedlich aus: Bei Inhalation erreicht der Wirkstoff THC innerhalb von einigen Minuten seinen Maximalwert (maximale Plasmakonzentration), während er bei oraler Einnahme 1–2 Stunden benötigt. Auch der psychotrope Effekt kann hier bis zu 12 Stunden lang wirksam sein.

Vier biologische Phasen charakterisieren die Pharmakokinetik:

• die Resorption
• die Verteilung
• die Metabolisierung (Biotransformation)
• die Ausscheidung

Die Pharmakodynamik beschreibt die biochemischen und physiologischen Wirkungen von Arzneistoffen auf den Organismus. Dazu gehören der Einfluss der Dosis, Wirkungsbeziehungen, Wirkmechanismen, Nebenwirkungen und Toxikologie.

Die Potenz beschreibt die relative Menge des Arzneimittels, die vorhanden sein muss, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

Wirksamkeit bezieht sich auf die Fähigkeit eines Arzeimittels, eine Wirkung auf einen Rezeptor auszuüben.

Affinität betrifft das Ausmaß, in dem ein Wirkstoff an einen Rezeptor bindet.

Spezifität meint die Fähigkeit des Arzneimittels, eine Wirkung an einer bestimmten Stelle zu erzielen.

Orale Einnahme

Cannabis kann in Tropfenform – als Öl-Extrakt –, aber auch in Form sogenannter Edibles, wie Gebäck, oder als Tee eingenommen werden. Auch wenn der Wirkstoff in beiden Fällen über den Mund in den Körper gelangt, unterscheidet sich die sublinguale Einnahmeform von der oralen.

Die Wirkung von durch den Magen aufgenommenen Cannabinoiden tritt zeitverzögert ein, ist in ihrer Potenz erhöht und hält länger an, was zu unerwünschten Nebenwirkungen und Überdosierung führen kann.

Voraussetzung für die Verwendung von unbehandelten Blüten ist die Decarboxylierung: Das pharmakologisch inaktive THCA muss erst durch Erhitzen verfügbar gemacht werden. Die eigenständige Verarbeitung von Blüten erfordert Erfahrung in Zubereitung und Dosierung.

Decarboxylierung der Blüten

Cannabinoide liegen in den Blüten zunächst überwiegend in der sauren Form vor. Erst der Vorgang der Decarboxylierung, bei dem durch Hitze ein Kohlendioxid-Molekül von der Säure abgespalten wird, stellt das aktivierte Cannabinoid zur Verfügung.
Beim Rauchen oder Vaporisieren übernimmt die kurze starke Erhitzung das Decarboxylieren, für die Zubereitung von Speisen können die Cannabisblüten im Ofen oder Wasserbad erhitzt werden. Für eine möglichst vollständige Decarboxylierung empfiehlt sich eine längere und nicht zu starke Erhitzung, z.B. ganze Blüten bei 100–110 °C für 60 min im Backofen erhitzen, danach zerkleinern und weiterverarbeiten, z. B. zu Butter oder Honig.

Sublinguale Einnahme

Die Applikation von in Öl gelösten Cannabisextrakten unterscheidet sich in Wirkungseintritt, Dauer und Wirkintensität von der oralen, da sie über die Mundschleimhaut direkt in die Blutbahn diffundiert. (Die hohe Absorptionsrate erfordert, dass die Tropfen für 1–2 Minuten unter der Zunge verbleiben und dass 15–30 Minuten lang nichts gegessen oder getrunken wird).

Hier sind die Inhaltsstoffe bereits aktiviert, keinen Schwankungen unterlegen und können tropfengenau dosiert werden. Daher gelten Ölextrakte, die sublingual eingenommen werden, als am zuverlässigsten.

Inhalation/Pulmonale Einnahme

Vom Rauchen von Cannabis, insbesondere im Zusammenhang mit Tabak, ist aus offensichtlichen Gründen abzuraten. Alternativ bietet sich für eine pulmonale Einnahme das rauch- und nikotinfreie Vaporisieren an.

Per Vaporisator

Übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten der Cannabisblütentherapie, stehen die Chancen gut, dass auch ein Vaporisator erstattet wird. Für die medizinische Verwendung zugelassen sind der tragbare Mighty medic® und der stationäre Volcano medic® von der Firma Storz & Bickel.

Zur Verwendung werden die gemahlenen Blüten in die Heizkammer gefüllt und per Temperaturregelung auf 40–210 °C eingestellt. Bei der Dosisfindung für das Verdampfen gilt zu berücksichtigen, dass 2/3 der in den Blüten enthaltenen Cannabinoide kondensieren, im Verdampfer verbleiben oder ausgeatmet werden und 1/3 in den Blutkreislauf gelangt. Innerhalb von 1–2 Minuten tritt die Wirkung ein

Unterschied je Darreichungsform

Die von Freizeitkonsumenten häufig gewollte berauschende Wirkung von Cannabis stellt für den medizinischen Einsatz am Patienten oft eine nicht unwesentliche Hürde dar.
Gerade bei cannabisunerfahrenen Patienten können zu Beginn der Therapie THC-bedingte Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Tachykardie und Schwindel auftreten. Auch die berauschende Wirkung, veränderte Wahrnehmung und beeinträchtigte motorische Koordination können den Patienten in seinem alltäglichen Leben einschränken und bei älteren Menschen das Risiko von Stürzen erhöhen.

Die meisten Patienten entwickeln gegen den berauschenden Effekt recht schnell eine Toleranz. Eine langsame und schrittweise Aufdosierung von THC fördert diese und hilft, Nebenwirkungen zu reduzieren. Insbesondere die Einnahme zu Beginn der Therapie sowie nach Dosissteigerungen sollte zunächst zum Abend verabreicht werden, da so mögliche Nebenwirkungen „verschlafen“ werden.

Zahlreiche Erfahrungsberichte und erste Studien haben gezeigt, dass Cannabidiol (CBD) hilft, unerwünschte Nebenwirkungen von THC zu lindern. Aus diesem Grund wird gerade bei cannabisunerfahrenen Patienten empfohlen, die Therapie mit CBD-prädominanten bzw. Präparaten mit einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen THC und CBD zu beginnen.

Andere Einnahmemethoden

Topische Anwendung – Cremes, Lotionen und Balsame, die Cannabinoide enthalten, werden äußerlich auf die Haut aufgetragen. Sie finden Anwendung bei Hautproblemen wie Entzündungen, Irritationen, Akne oder Schmerz. Da der Wirkstoff nicht tief genug geht, um in den Blutkreislauf zu gelangen, lösen auch Produkte mit THC topisch angewandt keine psychotropen Effekte aus. Die Cannabinoide wirken auf das Endocannabinoid-System der Haut, das vielfältigen Einfluss auf biologische Prozesse wie Proliferation, Differenzierung, Apoptose, Produktion von Zytokinen und Hormonen verschiedener Zelltypen hat.

Transdermale Pflaster, die mit THC infundiert sind und in Venennähe platziert werden, können wiederum – wenn auch leichtere – psychotrope Effekte auslösen. Sie werden bei Ängsten, Schlaflosigkeit und Schmerz eingesetzt. Hier bewirkt die Körperwärme eine schrittweise Aktivierung des Pflasters, das den Wirkstoff durch die Haut in die Blutbahn freisetzt.

Zäpfchen, die Cannabinoide enthalten, sollen eine bis zu zehnfach verstärkte Absorptionsrate im Vergleich zur oralen Einnahme haben. CBD- und THC-Zäpfchen können alternativ zu den anderen Methoden rektal oder vaginal eingenommen werden, finden aber besondere Beachtung bei der Behandlung von Menstruationsbeschwerden.

Auch die nasale Einnahme über Cannabinoid-Sprays soll eine 6–8-mal bessere Absorptionsrate als die orale haben, da durch die Äderung ein schneller Zugang zum Blutkreislauf gewährleistet ist.

Augentropfen mit THC sind eine neue Entwicklung und sollen bei dem weitverbreiteten „trockenen Auge“ wirksam sein, dabei nicht nur analgetisch, sondern auch entzündungshemmend und wundheilungsfördernd wirken. Die CB-Rezeptoren in Horn- und Bindehaut reagieren hier direkt auf den Wirkstoff.

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